Erasmus Austausch nach Belgien (Geel)
Im Folgenden wollen wir (Anne und Luise) euch gerne von unserer tollen Zeit in Belgien berichten...
Zur Berufsausbildung:
Um Ergo zu werden, muss man in Belgien 3 Jahre studieren bis man den Bachelor hat und kann optional anschließend in 2 Jahren den Master machen. ET kann dort jeder studieren, egal welcher Abschluss vorhanden ist. Deshalb sind die Kurse dort auch wesentlich voller als bei uns. Zum Teil starten da über 100 Studierende in ein Jahr an der Uni, um Ergotherapie zu erlernen. Dafür brechen sowohl nach dem ersten, als auch nach dem zweiten Jahr einige Studierende ab, weil sie merken, dass es zu schwer oder nicht das Richtige ist. In Belgien muss man ca. 900 Euro pro Jahr für die Schule zahlen. Als ET selbstständig zu arbeiten ist in Belgien sehr schwierig, aufgrund der Bezahlung (Krankenkasse gibt geringeren Beitrag zu den Leistungen dazu als bei Physiotherapeuten, daher müssten die Klienten bei der Ergotherapie einen größeren Anteil privat dazu bezahlen).
Persönliche Eindrücke:
Wir waren von Ende Oktober bis Ende November 2019 in Geel (Region Flandern), Belgien. In diesen 4 Wochen haben wir super viele neue Eindrücke sammeln können, die wir sonst so wahrscheinlich niemals gesammelt hätten.
Die erste Woche des vierwöchigen Aufenthalts hatten wir Zeit, um Belgien näher zu erkunden.
Die anderen 3 Wochen war jede von uns in ihrer Praktikumsstelle. Für einen Tag hatten wir außerdem die Möglichkeit, in der jeweils anderen Einrichtung zu hospitieren.
Anne‘s Praktikumsstelle: Meine Stelle war ein Rehabilitationszentrum in der Stadt Geel. Ich habe dort im Bereich der Ergotherapie mit Patienten aus den Bereichen der Neurologie und Orthopädie gearbeitet und konnte einen sehr guten Einblick in dieses Arbeitsfeld erlangen. Sprachlich konnte ich mich gut auf Englisch verständigen, habe jedoch auch mit der Zeit immer mehr auf Niederländisch verstehen können. Die Therapeuten, wie auch die Patienten dort waren allesamt sehr freundlich, offen und hilfsbereit. Ich konnte meine bisherigen ergotherapeutischen Kompetenzen in der Praxis anwenden und hier auch erweitern. Ich habe mein Wissen über einige Krankheitsbilder ausweiten können oder einfach auffrischen können. Zudem konnte ich viele neue Ideen für geeignete zukünftige Therapieeinheiten erlangen. Außerdem habe ich durch den Austausch mit den Menschen vor Ort, einen guten Eindruck von der Ausbildung und der Arbeit von Ergotherapeuten in Belgien erlangen können und hier auch einige kleine Unterschiede sehen können. Die ausgewählte Praktikumsstelle war für einen solchen Austausch sehr passend gewählt.
Luise’s Praktikumsstelle: Ich war für das Praktikum in einer Tagesstätte für Menschen mit geistiger Behinderung in Geel. Die Teilnehmer wurden morgens gebracht. Nicht alle kamen jeden Tag. Im Laufe des Tages hat jeder Teilnehmer dann in verschiedenen Bereichen gearbeitet, wie z.B. Küche, Garten oder in der Werkstatt mit Ton oder Holz. Zwischendurch gab es genügend Entspannungszeit und Mittagessen. Die Verständigung zeigte sich in meinem Bereich als etwas herausfordernder. Mit einigen Therapeuten und Teilnehmern konnte ich mich auf Englisch unterhalten. Es wurde jedoch auch viel niederländisch gesprochen und ich habe versucht möglichst viel zu verstehen. Im Zweifel machten es aber auch Mimik und Gestik möglich etwas zu verdeutlichen. Insgesamt waren die Leute dort alle sehr freundlich und hilfsbereit und der Umgang miteinander ein wenig neckisch, aber liebevoll. Ziel war es, dass die Teilnehmer so gut, wie möglich selbstständig arbeiten. Ich konnte also viele tolle Eindrücke von der ergotherapeutischen Arbeit in diesem Arbeitsfeld erlangen. Die Praktikumsstelle war gut geeignet, um Ideen zu sammeln und sich auch selber auszuprobieren. Zudem machte es Spaß zu sehen mit welcher Freude, die meisten Teilnehmer jeden Tag kamen.
Allgemeine Eindrücke:
Geel (heißt übrigens gelb) selber ist eine kleine nette Stadt mit vielen Backsteinhäusern. Das OPZ (Openbaar Psychiatrisch Zorgcentrum) in Geel steht für eine der weltweit bekanntesten psychiatrischen Fachkliniken. Die Geschichte der heiligen Dimpna ist ausschlaggebend für die einmalige Familienbetreuung von psychisch erkrankten Menschen in Geel. Hier können psychisch kranke Menschen in Pflegefamilien leben und müssen nicht in anderen Einrichtungen untergebracht werden. Eine tolle Sache, wie wir finden!
Übrigens kann man in Geel und Umgebung auch sehr gut Radtouren machen. Entlang des Albertkanals lässt es sich sehr gut fahren und man kann eine entspannte Umgebung genießen. Eine gute Beschilderung durch Knotenpunkte erleichtert es enorm eine tolle Radtour zu machen. Allerdings gibt es dort echt wenig Pausenbänke… :D
An weiteren Städten erkundeten wir unter anderem die Hauptstadt Brüssel. Eine riesige Stadt mit tollen Ecken. Unbedingt sehenswert sind hier das Manneken Pis, das Schloss mit dem Schlosspark, das Museum über die Stadtgeschichte und natürlich die Waffelläden! Eine Waffel dürft ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen!
Antwerpen und Brügge besuchten wir ebenfalls. Auch diese Städte lohnt es sich anzusehen. Und wenn noch Zeit ist, sollte man sich eine Grachtenfahrt auf dem Kanal durch Brügge nicht entgehen lassen und den Ausblick und die Stimmung einfach genießen.
Was wir wirklich sehr interessant und lustig fanden waren die Pfadfinder in Belgien. Pfandfinder sahen wir dort gefühlt an jeder Ecke. Uns wurde erklärt, dass fast alle Kinder/Jugendlichen in so einer Jugendgruppe bzw. Pfadfindergruppe sind. Anders als hier in Deutschland ist das dort ein richtiger Hype, Challenges gegen andere Pfadfindergruppen auch in der Stadt zu absolvieren.
Allgemein Positive Erfahrungen:
Die Leute denen wir begegnet sind, waren alle sehr offen und freundlich. Sie unterstützten uns Neues zu Lernen. Wir haben einiges über das Land gelernt, konnten viele Eindrücke sammeln und leckere typisch belgische Spezialitäten ausprobieren. Außerdem konnten wir unser bisheriges ergotherapeutisches Wissen erweitern und neue Erfahrungen in einem anderen Land sammeln. Die Unterbringung dort war super schön und sehr zentral an dem Stadtkern von Geel gelegen. Die Vermieterin sehr hilfsbereit und bemüht.
Negative Erfahrungen:
Dass dort die Kriminalitätsrate anscheinend genauso hoch ist wie in Deutschland, da Anne dort am letzten Tag noch der Fahrradsattel geklaut wurde... und auch die Bahn scheint dort nicht immer ganz pünktlich zu sein.
Aber das sollte niemanden davon abhalten einmal nach Belgien zu reisen! 😊
Also wenn ihr die Möglichkeit habt, an einem solchen Austausch teilzunehmen, macht es auf alle Fälle! Egal, wie unmöglich es euch gerade erscheint oder wie unsicher ihr euch seid, im Endeffekt ist es eine Chance die ihr so sicherlich nie wieder bekommen werdet…und solche leckeren Waffeln, Schokoladen oder Heißgetränke wie in Belgien, könnt ihr euch eigentlich nicht entgehen lassen.
Liebe Grüße & viel Spaß weiterhin an der ETOS,
Anne und Luise
„Dankjewel voor de leuke tijd!“
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